ÜBERBLICK
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REKONSTRUKTION
Die Rekonstruktion (Reconstruction) beschreibt die Zeit nach dem Bürgerkrieg, in der die Wiedereingliederung der Südstaaten, die bereits 1863 vom Kongress beschlossen worden war, angestrebt wurde. Die Aufgabe fiel nach dem Tod von Abraham Lincoln dem 17. Präsidenten Andrew Johnson zu. Die Rekonstruktion dauerte offiziell zwölf Jahre und war von vielen nationalen und sozialen Spannungen geprägt. Mit dem Ku Klux Klan begann der offene Rassismus gegenüber der farbigen Bevölkerung des Südens. Hingegen beklagten weiße Einwohner der Südstaaten die Verletzung ihrer Menschenrechte durch die stark präsenten Unionssoldaten, die aufgeteilt in Sektoren, die angeordnete Wiederherstellung der Republik sicherstellen sollten. Viele Schwarze empfanden die Zeit der Rekonstruktion als schlimmer als die Zeit ihrer Sklaverei, da sie sich schutzlos den Aggressionen in den Südstaaten ausgeliefert sahen. Große Bevölkerungsteile der südlichen Staaten machten die befreiten Sklaven für den amerikanischen Bürgerkrieg verantwortlich.
RADIKALE REKONSTRUKTION
Andrew Johnson stellte für die Südstaaten leicht zu erfüllende Bedingungen und begnadigte viele Südstaatler. Er erklärte die Rekonstruktion bereits wenige Monate nach dem Ende des Bürgerkriegs für abgeschlossen, doch der radikale Flügel der Republikanischen Partei im US-Kongress forderte härtere Maßnahmen, sodass der Kongress erstmals die nach innen gerichtete Macht zum Ausdruck brachte. Ein Bürgerrechtsgesetz sowie eine Serie von Reconstruction Acts bildeten die "Radikale Rekonstruktion" und zeigten sich in der Stationierung von Unionssoldaten im Süden. In den Südstaaten wurden in der Zwischenzeit Ressentiments gegenüber farbigen US-Bürgern durch rassistische Cartoons weiter gefördert. Oftmals war das Thema das sogenannte Freedman's Bureau, eine Behörde zur Wiedergutmachung und Sicherstellung von Bürgerrechten. Darüber hinaus führten die Südstaaten eine Reihe von Gesetzen ein, die als Black Codes oder Jim Crow Laws bekannt sind und die darauf abzielten, die gesellschaftliche und politische Teilhabe der schwarzen Bevölkerung zu verhindern. Nicht selten arbeiteten ehemalige Sklaven, gerade aufgrund der südlichen Gesetzgebung, auch nach ihrer Befreiung auf ihren Plantagen, um ihre Existenz zu sichern.
VERFASSUNGSZUSÄTZE
Während der Zeit der Reconstruction wurden bedeutende Verfassungszusätze erlassen, um die rechtliche und soziale Struktur des Landes nach dem Bürgerkrieg zu verändern und die Rechte der befreiten Sklaven zu stärken.
In der amerikanischen Verfassung versteht man unter Verfassungszusätzen zusätzliche schriftliche Bestimmungen, die nach der ursprünglichen Verabschiedung der Verfassung hinzugefügt wurden. Diese Zusätze sind rechtlich bindend und haben denselben Status wie die ursprünglichen Artikel der Verfassung. Ein bekanntes Beispiel sind die ersten zehn Verfassungszusätze, die als Bill of Rights bekannt sind. Diese wurden kurz nach der Verabschiedung der amerikanischen Verfassung hinzugefügt, um grundlegende individuelle Freiheiten und Rechte der Bürger zu garantieren, darunter die Meinungsfreiheit, Religionsfreiheit und das Recht auf ein faires Gerichtsverfahren.
Spätere Zusätze, wie der 13., 14. und 15. Verfassungszusatz, spielten eine wichtige Rolle in der Umgestaltung der Gesellschaft und der Erweiterung der Bürgerrechte während der Reconstruction Era nach dem Amerikanischen Bürgerkrieg. Zusammen bildeten die Verfassungszusätze 13, 14 und 15 die Grundlage für die rechtliche Gleichstellung der ehemaligen Sklaven in den Vereinigten Staaten. Trotzdem führten die anschließenden Jahrzehnte zu weiteren Herausforderungen im Zusammenhang mit Diskriminierung und Bürgerrechten.
13. VERFASSUNGSZUSATZ: Mit dem 13. Verfassungszusatz wurde die Sklaverei in den gesamten Vereinigten Staaten offiziell abgeschafft und die ehemaligen Sklaven erlangten ihre Freiheit. Der 13. Verfassungszusatz wurde im Jahr 1865 verabschiedet und besagt, dass weder Sklaverei noch unfreiwillige Arbeit in den Vereinigten Staaten exisiteren soll. Ausgenommen waren Zwangsarbeit im Rahmen für rechtsmäßig verurteilte Verbrecher.
14. VERFASSUNGSZUSATZ: Der 14. Verfassungszusatz wurde 1868 verabschiedet und hatte das Ziel, die Bürgerrechte der ehemaligen Sklaven zu schützen und zu stärken. Er definierte, wer als Staatsbürger der USA betrachtet wird und erklärte, dass der Staat einem Bürger das Leben, die Freiheit oder das Eigentum nicht ohne den rechtmäßigen Prozess entziehen dürfe. Der 14. Verfassungszusatz legte auch fest, dass alle Bürger Anspruch auf den gleichen Schutz und die gleiche Gleichbehandlung durch die Gesetze haben, unabhängig von ihrer Rasse.
15. VERFASSUNGSZUSATZ: Der 15. Verfassungszusatz wurde im Jahr 1870 verabschiedet und besagt, dass das Recht eines Bürgers der Vereinigten Staaten, zu wählen, nicht aufgrund der Ethnie oder des vorherigem Sklavenstatus verweigert oder eingeschränkt werden darf.
"GETEILT ABER GLEICH"
Die Vereinigten Staaten erlebten eine Wiedergeburt, in welcher sie sich erstmals selbst als eine Nation wahrnahm, welche als unteilbar galt. Einem Land, welchem die Rechte der Verfassung nun jedem Bewohner, Weißen wie Farbigen, unter dem Motto: "Geteilt aber gleich" gewährte. Dieses Prinzip führte allerdings auch zur Rassentrennung und somit zum langem Weg der Bürgerrechtsbewegung.
Die Idee dahinter war, dass schwarze und weiße Amerikaner getrennte Einrichtungen nutzen könnten, solange diese Einrichtungen gleichwertig waren. Auf diese Weise wurde versucht, die Rassentrennung aufrechtzuerhalten, während gleichzeitig der Anschein von Gleichheit gewahrt wurde.
In der Praxis waren die Einrichtungen für Schwarze jedoch oft minderwertig und unterfinanziert im Vergleich zu den Einrichtungen für Weiße. Dies führte zu großer Ungleichheit und Diskriminierung gegenüber Afroamerikanern.
JIM-CROW-GESETZE
Die Jim-Crow-Gesetze waren eine Sammlung von Gesetzen, Verordnungen und Praktiken, die in den Südstaaten der Vereinigten Staaten zwischen den späten 19. und frühen 20. Jahrhundert eingeführt wurden. Diese Gesetze institutionalisierten die Rassentrennung und diskriminierende Praktiken, die dazu dienten, Afroamerikaner systematisch von der weißen Bevölkerung zu trennen und ihnen grundlegende Bürgerrechte und -freiheiten zu verweigern. Der Name "Jim Crow" war ein verbreiteter Spitzname für Afroamerikaner und wurde metaphorisch verwendet, um diese rassistischen Gesetze zu beschreiben.
Die Jim-Crow-Gesetze erstreckten sich über verschiedene Lebensbereiche und reichten von Bildung und öffentlichen Einrichtungen bis hin zu Verkehrsmitteln und sozialen Aktivitäten. Einige Merkmale dieser Gesetze werden im Folgenden vorgestellt.
Die Jim-Crow-Gesetze hatten verheerende Auswirkungen auf die schwarze Bevölkerung in den Südstaaten. Sie verstärkten soziale Ungerechtigkeiten und trugen zur Aufrechterhaltung einer tief verwurzelten rassistischen Hierarchie bei. Es war erst in den 1950er und 1960er Jahren während der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung, dass diese rassistischen Gesetze allmählich abgeschafft wurden. Landesweite Proteste, rechtliche Herausforderungen und das Engagement mutiger Aktivistinnen und Aktivisten führten schließlich zur Aufhebung der Jim-Crow-Gesetze und legten den Grundstein für eine umfassendere Gleichstellungsbewegung in den Vereinigten Staaten.
DIE VERBORGENEN ARCHITEKTEN DER REKONSTRUKTION
DIE ROLLE DER DEUTSCHAMERIKANER IM WIEDERAUFBAU DER USA
Eine Gruppe, deren Beitrag oft übersehen wird, sind die Deutschamerikaner. Ihre politische, kulturelle, wirtschaftliche und soziale Rolle in dieser entscheidenden Periode der US-Geschichte war tiefgreifend und nachhaltig.
Viele Deutschamerikaner waren in den 1860er Jahren bereits fest in der amerikanischen Gesellschaft verankert, insbesondere im Norden der USA. Als überzeugte Anhänger der Republikanischen Partei, die sich für die Abschaffung der Sklaverei und die Bürgerrechte der Afroamerikaner einsetzte, nahmen sie aktiv an der Gestaltung der Rekonstruktionspolitik teil. Carl Schurz, ein deutscher Revolutionär von 1848, wurde nach seiner Emigration in die USA zu einem bedeutenden politischen Akteur und wurde 1867 in den US-Senat gewählt, wo er sich unermüdlich für die Einführung der 13., 14. und 15. Verfassungszusätze einsetzte, die die Sklaverei abschafften, die Gleichberechtigung garantierten und das Wahlrecht unabhängig von der Hautfarbe sicherten. Als politischer Visionär und leidenschaftlicher Verfechter der Bürgerrechte bereiste Schurz den Süden, um die Bedingungen der befreiten Sklaven und die Umsetzung der Rekonstruktionspolitik zu untersuchen. Sein detaillierter Bericht über die Lage im Süden beeinflusste die nationale Debatte und prägte die politische Strategie der Republikanischen Partei in dieser entscheidenden Phase.
Neben Schurz war auch Friedrich Hecker, ein weiterer Deutschamerikaner und radikaler Republikaner, eine wichtige Figur in der Rekonstruktionszeit. Hecker, ebenfalls ein Revolutionär von 1848, setzte sich leidenschaftlich für die Rechte der Afroamerikaner ein und unterstützte Maßnahmen, die die Macht der ehemaligen Sklavenhalterklasse einschränkten. Beide wurden zu Schlüsselfiguren in der politischen Landschaft der Rekonstruktion.
Darüber hinaus gab es deutschamerikanische Veteranen, die bei der Durchsetzung der Rekonstruktionsgesetze und der Aufrechterhaltung der sozialen Ordnung halfen. Ihre Präsenz und ihre Entschlossenheit halfen, die Interessen der Union und der befreiten Sklaven zu schützen.
Männer wie Carl Schurz und Friedrich Hecker waren mehr als nur Beobachter der Geschichte; sie waren aktive Gestalter einer neuen Ära, deren Auswirkungen bis heute spürbar sind.